Es gibt in Litauen Schutzgebiete, deren Bedeutung den nationalen Rahmen übersteigt und die international oder im europäischen Kontext bedeutsam sind. Das sind Territorien, die als UNESCO-Weltkulturerbe oder Naturerbe anerkannt sind, die als Feuchtgebiete gemäß der Ramsar-Konvention ausgewiesen wurden und Natura-2000-Territorien.
Welterbe
Es gibt 4 Orte in Litauen, die als besonders wertvoll in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes und Weltnaturerbes aufgenommen wurden: die Altstadt von Vilnius, die Kurische Nehrung, die archäologische Stätte Kernave, und der geodätische Struve-Bogen.
- Altstadt von Vilnius (aufgenommen: 1994) Vilnius ist eine der am weitesten östlich gelegenen Großstädte von Mitteleuropa, wo die Wechselwirkungen von östlichen und westlichen Kulturen offensichtlich sind. Vom 13. bis zum Ende 18. Jahrhundert war dies das politische Zentrum des Großfürstentums Litauen. Die Stadt hatte großen Einfluss auf die Entwicklung von Kultur und Architektur in Osteuropa. In der Altstadt Vilnius sind Gebäude und Ensemble aus Gotik, Renaissance, Barock und Klassizismus erhalten. Auch das mittelalterliche Straßennetz und die natürliche Umgebung sind recht gut erhalten.
- Kurische Nehrung (Länder: Litauen und Russische Föderation, Jahr der Aufnahme: 2000). Auf der langgestreckten, 98 km langen und 0,4 bis 4 km breiten Landzunge voller Sanddünen siedelten Menschen schon in der Vorgeschichte. Der ständige Kampf mit den Naturgewalten von Wasser und Wind erschuf die Landschaft der Kurischen Nehrung, in der die mehrere Jahrhunderte währenden Versuche, die Dünen zu befestigen und zu begrünen, erkennbar sind. Im 15. Jahrhundert war die Kurische Nehrung bewaldet. Erst später wurde der Wald gefällt und der Wind wurde in weit größerem Maße quer über die Halbinsel geweht. Die riesigen Sanddünen begruben etliche Fischerdörfer am Haff unter sich. Die Begrünung der Dünen der Kurischen Nehrung begann erst vor zwei Jahrhunderten und dieser Prozess dauert noch an. Die Menschen schufen eine Küstenschutzdüne und stoppten die Wanderdünen durch Bepflanzen mit Bäumen. Die Befestigung und Begrünung der Küstendünen in diesem Umfang ist weltweit einzigartig. Die Kurische Nehrung ist ein Beispiel der nachhaltigen Koexistenz von Mensch und Natur, wo der Mensch gelernt hat, sich an die Natur anzupassen, ohne diese zu beschädigen.
- Archäologische Stätte Kernave (Kulturreservat Kernave) (Aufnahme im Jahr: 2004). Im Kulturreservat Kernave wird die Entwicklung der Lebensweise der Menschen in dieser Region über tausende Jahre geschützt. Die Kulturlandschaft spiegelt alle Etappen der Besiedlung und der Errichtung von Befestigungen (Burghügel) wider. Die archäologischen Funde aus Kernave repräsentieren alle archäologischen Kulturen, die in dieser Region vom Epipaläolithikum bis zum Mittelalter bestanden haben. Besonders bedeutend ist das Erbe aus dem späten Mittelalter (13. und 14. Jh.): Stadt, Gräberfeld, fünf Burghügel. Im Mittelalter war Kernave eines der wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Zentren von Litauen, wo man zwar noch die alte litauische Kultur sieht, diese aber schon stark durch europäische christliche Traditionen beeinflusst wird.
- Geodätischer Struve-Bogen (Länder: Weißrussland, Estland, Lettland, Litauen, Norwegen, Moldawien, Russische Föderation, Finnland. Schweden, Ukraine, Jahr der Aufnahme: 2005). Der geodätische Struve-Bogen ist eine entlang der östlichen Länge 26°43‘ (Observatorium Tartu) errichtete Reihe von Vermessungspunkten, die sich über 2820 km vom Arktischen Ozean (Hammerfest in Norwegen) bis zum Schwarzen Meer (Ismail, Ukraine) hinzieht. Der Bogen überspannt dabei eine geographische Breite von 25°20‘. Der Astronom Friedrich G. W. Struve (1816-1855) führte die ersten genauen Vermessungen des Meridians in dieser Länge aus, womit man die Größe und Form der Erde genauer ermitteln konnte. Das war ein wichtiger Schritt für spätere topographische Messungen und für die Erstellung von Landkarten. Der Struve-Bogen besteht aus 258 Hauptdreiecken und aus 265 Triangulationspunkten. Das Objekt, das in das UNESCO-Welterbe aufgenommen wurde, besteht aus den 34 ersten Messpunkten mit den Originalmarkierungen: Bohrungen im Fels, eisernen Kreuzen oder Obelisken. Derzeit zieht sich der Bogen über das Territorium von 10 Staaten hin. In Litauen gehören 3 geodätische Punkte zu diesem Objekt des Weltkulturerbes. Gireisiai (Kreis Rokiskis), Meskonys und Paliepiukai (beide Landkreis Vilnius).
Nach der Ramsar-Konvention geschützte Feuchtgebiete
Litauen ratifizierte die Ramsar-Konvention 1993 und erkannte damit an, dass Moore und andere Feuchtgebiete Ressourcen von großer wirtschaftlicher, kultureller und wissenschaftlicher Bedeutung sind und Potenzial für Erholung haben, dass deren Verlust unersetzbar wäre und dass dem Eindringen in die Feuchtgebiete Einhalt geboten werden muss, um die langfristige Erhaltung von Tieren und Pflanzen zu gewährleisten, dass weitsichtige nationale Politik mit internationalem Vorgehen abgestimmt werden muss.
7 Feuchtgebiete in Litauen, die als Naturgebiete besonders wertvoll sind, wurden in die Liste der Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung der Ramsar-Konvention aufgenommen, und zwar die Reservate Kamanos, Cepkeliai und Viesvile, ein Teil des Biosphärenreservats Zuvintas, der Regionalpark Nemunas-Delta, der Moorkomplex Girutiskis und das Feuchtgebiet Adutiskis-Svyla-Birveta.
- Das Moor Cepkeliai (Fläche 11.227 ha) ist eines der größten erhaltenen Hochmoore in Mitteleuropa, einzigartig im Baltikum. In diesem Moor konzentrieren sich seltene und gefährdete Arten; es gibt wichtige Bestände von Tier- und Pflanzenarten. Das Moor Cepkeliai ist auch ein wichtiger Rastplatz für Zugvögel.
- Kamanos (Fläche 6.401 ha) ist ein einzigartiger Moorkomplex in Litauen, mit Lebensräumen gefährdeter Arten, wo sich seltene und gefährdete Pflanzen und Tiere konzentrieren. Das Moor ist auch ein wichtiger Rastplatz für Zugvögel.
- Im Moor Viesvile (Fläche 3.218 ha) konzentrieren sich seltene und gefährdete Arten; es gibt wichtige Bestände von Tier- und Pflanzenarten. Es ist ein wichtiger Rastplatz für Zugvögel.
- Im Moorkomplex Zuvintas (Fläche 7.500 ha) konzentrieren sich seltene und gefährdete Arten; es gibt wichtige Bestände von Tier- und Pflanzenarten. Hier versammeln sich über 20.000 Wasservögel und damit mehr als 1% der gesamten Population der Region bestimmter Arten von Wasservögeln.
- Das Delta des Nemunas (Fläche 28.952 ha) ist ein besonders wertvolles Stück Natur im Baltikum. Im Delta versammeln sich seltene und gefährdete Arten. Hier stehen Rastplätze und Überwinterungsplätze von Zugvögeln unter Schutz. Im Delta versammeln sich über 20.000 Wasservögel und damit mehr als 1% der gesamten Population der Region bestimmter Arten von Wasservögeln. Das Nemunas-Delta liegt auf der wichtigsten Migrationsroute von migrierenden Fischen in Litauen.
- Moorkomplex Girutiskis (Fläche 1.402 ha). Das ist ein Komplex aus Hochmoor, Übergangsmooren und Seen mit den umgebenden Wäldern, als Totalreservat geschützt und Teil des Regionalparks Labanoras. Hier findet man viele Arten und Lebensraumtypen, die in Litauen und gemäß der FFH-Richtline geschützt sind.
- Die Feuchtgebiete bei Adutiskis-Svyla-Birveta (Fläche 6.881 ha) sind als Naturschutzgebiete mit Natura-2000-Status ausgewiesen. Vorherrschende Biotope sind Birken- und Schwarzerlenbruchwälder, Espen- und Fichtenwälder. Hier gibt es auch Fischteiche, offene Hochmoore, Flüsse, Kanäle und Seen. Fünf Lebensraumtypen und einige Arten stehen gemäß FFH-Richtlinie unter Schutz.
Natura-2000-Gebiete
Das ökologische Netz „Natura 2000“ der EU ist ein Netz aus Naturschutzgebieten in den EU-Ländern, die entweder nach der Vogelschutzrichtlinie oder der FFH-Richtlinie ausgewiesen wurden. Das Ziel liegt im Schutz, Erhalt und bei Bedarf der Renaturierung von Lebensräumen und Beständen bestimmter Arten auf dem Territorium der EU. Natura-2000-Gebiete werden nach zwei Richtlinien der EU ausgewiesen (Vogelschutz- und FFH-Richtlinie).
Die Gesamtfläche aller in Litauen ausgewiesenen Natura-2000-Gebiete (unter Berücksichtigung, dass manche Gebiete sowohl nach Vogelschutz- als auch nach FFH-Richtlinie ausgewiesen sind) betrug Ende 2019 967.233 ha, entsprechend 14,8% der Fläche von Litauen.
In Litauen gibt es 84 für den Vogelschutz bedeutsame Gebiete. Ende 2019 gab es in Litauen 284 Gebiete, die den Auswahlkriterien für den Schutz natürlicher Lebensräume entsprachen. Diese wurden aufgelistet und der Europäischen Kommission gemeldet. 208 Gebiete wurden bereits als für den Schutz von Lebensräumen wichtig anerkannt.
Das Netz der Natura-2000-Gebiete soll dabei maximal in das nationale System der Schutzgebiete integriert werden. Der Status als Natura-2000-Gebiet wird derzeit überwiegend den vorhandenen Schutzgebieten (Reservate, NSG, National- und Regionalparks, Biosphärenreservate und -polygone) oder Teilen davon verliehen.